Lohne

Geschichte

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Lohner Geschichte

aufgeschrieben von Wilfried Werner

 

„Dorla, Werkel, Lohne - des Hessenlandes Krone" 

Dieser Spruch, der wohl allen Lohnerinnen und Lohnern bekannt ist, charakterisiert die Fruchtbarkeit des Ackerlandes unserer Heimat. Diese Fruchtbarkeit ergibt sich aus dem guten Boden – gute Durchlässigkeit des verwitterten Basaltes und tiefgründiger Lehm.

Die Gemarkungsfläche von Lohne ist mit 1.173 ha die größte der 10 Fritzlarer Stadtteile. Bei der Bevölkerungszahl nehmen wir mit knapp 700 Einwohnern den 5. Platz ein. Die höchsten Berge im gesamten Bereich der Stadt Fritzlar liegen auf Lohner Gebiet, der Hinterberg 420 m und der Vorderberg 393 m. Lohne liegt 232 m über dem Meeresspiegel.

Vom Steinkammergrab zur ersten urkundlichen Erwähnung

Am westlichen Rand der Gemarkung, in der Nähe von Züschen, liegt das wohl bedeutendste Kulturdenkmal unserer Gegend, das Steinkammergrab. Das Grab gehört zu einer Reihe anderer Begräbnisstätten und Menhire des 3. vorchristlichen Jahrtausends in Nordhessen. 1894 wurde es entdeckt und in den Folgejahren freigelegt. Das Grab ist 20 m lang, 3,50 m breit und ist aus großen fast recheckigen Sandsteinplatten gebaut. Unterteilt ist die „Steinkiste“ in einen mutmaßlichen Vorraum und die eigentliche Grabkammer. Die Platte, die die beiden Kammern voneinander trennt, hat in der Mitte eine kreisrunde Öffnung von 50 cm Durchmesser. Im Grab wurden die Knochen von mindestens 27 Toten gefunden sowie Keramik, Stein- und Knochenwerkzeuge, ferner Tierknochen. Die an den Wänden angebrachten Zeichnungen werden von den Wissenschaftlern als Rinderdarstellungen gedeutet. Manche dieser Rinder sind durch eine Linie mit zwei betonten Endpunkten  verbunden, möglicherweise sollten dadurch Räder dargestellt werden. Damit zeigt dieses Grab die wahrscheinlich älteste Wagenraddarstellung Mitteleuropas.

Bei der Ersterwähnung von Lohne ist man bisher vom Jahre 850 ausgegangen und hat auch folgerichtig die 1100-Jahrfeier mit dem Jahre 1950 verbunden, aber erst in 1951 gefeiert. In einer Informationsveranstaltung 1974 in der Mehrzweckhalle zur Dorferneuerung sprach Frau Tiersch vom Amt für Denkmalpflege u. a., dass Lohne im Zeitraum von 802 bis 842 erstmals urkundlich erwähnt worden sei. Als Quelle nannte sie das Hessische Staatsarchiv in Marburg. Auf unsere Nachfrage antwortete das Staatsarchiv mit Schreiben vom 07.04.1994 u. a. folgendes:                                                                                                                                                                                                                                                                           Lohne wird als „ Loha“ erstmals in einer undatierten Schenkungsurkunde des Klosters Fulda genannt (Dronke, Traditiones et antiquiates Fuldenses cap. 6 Nr. 137), die man, nach den Kriterien Stengels, am besten und vorsichtigsten auf den Zeitraum 802 – 842 datiert (...). ...

Als Ausgangspunkt für ein Ortsjubiläum kann natürlich nur das letztgenannte Jahr des Zeitraumes (842)dienen. Lohne hätte demnach 1992 seine 1150-Jahrfeier begehen können.

Lohne – vom 12. Jahrhundert bis heute *)

Von der Ersterwähnung des Dorfes bis zum 12. Jahrhundert gibt es keine weitere urkundliche Erwähnung Lohnes. Ab 1122 ändert sich das, mehrere Urkunden betreffen meist Grundbesitz-wechsel, Gütertausch und Festsetzungen von Abgaben z. B. an das St. Petri-Stift in Fritzlar.

Mindestens seit dem Jahre 1312 war Lohne ein landgräfliches, d. h. ein hessisches Dorf.
1312 wurde nicht nur ein Gericht in Lohne erwähnt, im selben Jahr wurde Lohne als zum Castrum (= ein befestigter Adelssitz im Mittelalter) der Burg Gudensberg gehörig bezeichnet. Landgraf Otto verpfändet im gleichen Jahr Lohne an die Grafen von Waldeck. Solche Verpfändungen von Dörfern dienten damals zur Finanzierung von Kriegen.

Im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts kam es zur entscheidenden militärischen Auseinander-setzung zwischen dem Erzbischof von Mainz und dem hessischen Landgrafen um die politische Vorherrschaft in Hessen. Im Frühsommer 1427 wurde Lohne von den Mainzern geplündert.

Nach dem Übertritt Hessens zum Protestantismus 1526 wurde auch in dem landgräflichen Dorf Lohne der neue Glaube eingeführt.

1618 brach ein Krieg aus, der 30 Jahre dauern sollte und ein Vielfaches an Leid hervor-brachte. Dies belegt ein Blick auf die Lohner Einwohnerzahlen. 1575 zählte man 64 Hausgesellschaften, 1639 waren es noch 23 verheiratete und 10 verwitwete Haushalte. Der Viehbestand betrug zwei Pferde, elf Ochsen, eine Kuh und vier Schweine. 1631 plünderten mainzische Truppen von Fritzlar aus unser Dorf, und noch im gleichen Jahr brannten die Einheiten Tillys auf ihrem Rückzug durch Niederhessen nach der Niederlage bei Breitenfeld Lohne nieder. Hunger und andere Krankheiten bewirkten den weiteren Rückgang der Bevölkerungszahl.

Während des Siebenjährigen Krieges, 1756 bis 1763, wurde Lohne mehrfach von französischen Einheiten besetzt. Wie in früheren Zeiten, ernährten sich die Truppen wieder aus dem Land. Hohe, vor allem finanzielle Belastungen, hatte Lohne während der Regierungszeit Jérômes in der napoleonischen Ära zu tragen. 1834 hatte Lohne703, 1885 779 Einwohner. Danach nahm die Einwohnerzahl bis auf 654 Personen im Jahre 1939 ab. 1861 lebten in Lohne 26 jüdische Einwohner. Zur Jahrhundertwende, 1900, erhielt Lohne die erste Wasserleitung.

Auch der 1. Weltkrieg brachte wieder viel Leid ins Dorf, von 97 Kriegsteilnehmern kehrten 26 nicht wieder heim. Noch schlimmer war der 2. Weltkrieg von 1939 bis 1945, von 151 eingezogenen Personen waren 60 Opfer zu beklagen.

Wie in anderen Dörfern auch, begann das sog. „Dritte Reich“ 1933 in Lohne mit der Absetzung des bisher parteilosen Bürgermeisters. Der neue Bürgermeister, wie der abgesetzte ein Landwirt, war Mitglied der NSDAP. Das Dorfleben veränderte sich. Die Nazis nahmen Einfluss auf alle Vereine. Es wurde Pflicht, zu den Veranstaltungen der NSDAP zu erscheinen. In Lohne lebten einige Juden. Wer als Deutscher mit ihnen Handel trieb, wurde öffentlich diffamiert. Einem Gastwirt wurde verboten, weiterhin Juden zu bewirten. Ein im Sinne der Nazis unbequemer Landwirt wurde zu Kriegsbeginn sofort eingezogen, obwohl er bereits im 1. Weltkrieg als dienstuntauglich eingestuft worden war.

Nach 1945 stieg die Bevölkerungszahl sprunghaft an. Zahlreiche Menschen aus den östlichen Vertreibungsgebieten kamen nach Lohne. Allein im Jahre 1946 kamen 180 Menschen nach Lohne. 1950 zählte man 1030 Einwohner.

Im Jahre 1950 wurde mit der Kanalisation begonnen. 1951 feierte man die 1100-Jahrfeier, das wohl größte Heimatfest im vorigen Jahrhundert. Ende der 1950er Jahre konnte endlich eine neue Schule gebaut werden. Um das dafür benötigte Grundstück zu beschaffen, musste ein Enteignungsverfahren durchgeführt werden. Dieses Verfahren ermöglichte auch noch ein erstes Neubaugebiet in Lohne einzurichten.

1970/71 begann man mit dem Bau des Gemeinschaftshauses (Mehrzweckhalle). Der Rohbau des Hauses wurde in sogenannter Winterbauweise errichtet. Um im Winter die Maurerarbeiten durchführen zu können, wurde über der Baustelle ein durch die Arbeitsverwaltung gefördertes riesiges Zelt errichtet. So konnten die Bauarbeiter durchgehend weiter beschäftigt werden und mussten nicht, wie früher, in den Wintermonaten stempeln (arbeitslos) gehen. Das neu errichtete Gebäude konnte 1972 eingeweiht werden.

Am 01.01.1972 verloren wir unsere Selbständigkeit und wurden ein Stadtteil von Fritzlar. Vorausgegangen war eine Gebietsreform in Hessen, die zum Ziel hatte, im Bereich der Städte und Dörfer größere Einheiten zu schaffen, um die Verwaltung zu vereinfachen. Die Stadt Fritzlar schloss mit Lohne und weiteren 8 Dörfern Grenzänderungsverträge zum freiwilligen Zusammenschluss ab. 1974 kam Züschen, die einen Zusammenschluss bisher abgelehnt hatten, auf gesetzlichem Wege zu Fritzlar. Letzter Bürgermeister in Lohne war von 1945 bis 1972 Georg Itter. Die Gemeindevertretungen in den bisher selbständigen Gemeinden, die sich mit Fritzlar zusammengeschlossen hatten, so auch in Lohne, wurden am 31.12.1971 aufgelöst. Entscheidungsgremium war ab 01.01.1972 die Stadtverordnetenversammlung in Fritzlar. In den Stadtteilen wurden, als Mittler zwischen Stadtteil und Kernstadt, Ortsbeiräte gewählt. Nach der Hessischen Gemeindeordnung haben die Ortsbeiräte keine Entscheidungsbefugnis, sondern nur beratende Stimme in Angelegenheiten, die den Stadtteil betreffen. In Fritzlar hat man in den Grenzänderungsverträgen festgelegt, dass den Ortsbeiräten weitergehende Kompetenzen zugestanden wurden, so konnten z. B. die Ortsbeiräte weitgehend über Investitionen in ihrem Stadtteil nach Zustimmung durch die Stadtverordnetenversammlung selbst entscheiden. Die Vorlagen, die von den Ortsbeiräten kamen, wurden weitgehend von Magistrat und Stadtverordnetenversammlung übernommen.

In den Folgejahren konnte man zwei weiter Neubaugebiete erschließen. Die Dorferneuerung in den 1990er Jahren war ein großer Erfolg für Lohne. Im privaten Bereich wurde über 1 Million DM investiert, im öffentlichen Bereich konnte das Dorfzentrum mit neuem Feuerwehrgerätehaus und der Dorfplatz errichtet werden. Als Dank für die gute Leistung, besonders im privaten Bereich, bekam Lohne eine weitere öffentlich Maßnahme gefördert - der Brauplatz wurde ausgebaut.

 

Quellen:

  1. Festschrift zur 1100-Jahrfeier, Autor: Heinrich Blum
  2. Bildband: Fritzlar – die Stadtteile, Autor: Clemens Lohmann